Der Marsabit National Park ist ein grüne Oase, umgeben von den brennend heißen Wüsten und Halbwüsten im schroffen Norden von Kenya. Mount Marsabit ist ein erloschener Vulkan. Das Bergmassiv ragt über 1.000 Meter aus den umliegenden Ebenen heraus. Es zwingt die heiße Luft nach oben zu steigen. Die Luft kühlt sich ab und Wolken bilden sich. Am Morgen ist der Gipfel meist in Nebelschwaden gehüllt. So wird der Wald mit Wasser versorgt bei sonst sehr spärlichem Regen in dieser Region. Bergwald und Moorland auf diesen Höhen sind Zufluchtsort für Wildtiere. Ahmed und Mohammed, zwei berühmte "Big Tusker", lebten am Mt. Marsabit. Seit 1962 ist dieser Bergwald mit seinen wichtigen Eigenschaften als Wasserspender und Klimaregulator für die gesamte Region unter Schutz gestellt. Drei Lava Seen gibt es am Berg, wovon der Lake Paradise am Gipfel des Mt. Marsabit wohl der beeindruckendste ist.
Unser Weg zum Lake Turkana sollte eh an Marsabit vorbei führen. So lag es auf der Hand, einen Zwischenstopp einzulegen. Ursprünglicher Bergwald mit seinem alten Baumbestand ist immer interessant.
06:00 Uhr ertönte der leise Weckruf, Kaffee ist fertig. Wir frühstückten und dann hiess es Packen. Pünktlich um 08:00 Uhr waren wir in Archers Post. "Welcome on board Mike". Nun war unsere kleine Truppe vollständig. Der Norden Kenyas um den Lake Turkana ist zwar seit einiger Zeit weitestgehend friedlich, doch kann sich die heutige Situation täglich ändern. Immer wieder gibt es teils blutige Auseinandersetzungen um die knappen Ressourcen zwischen den verschiedenen Volksgruppen. Wasser, Weidegründe und Viehdiebstahl sind die Streitpunkte. Jedes verantwortungsbewusste Unternehmen nimmt deshalb bewaffnete Ranger als Security auf diesen Teil der Reise mit. Diese Situation hatten wir im Vorfeld mit Zarek besprochen. Normalerweise sollten es zwei Ranger sein. Wir hatten jedoch im Auto nur noch Platz für eine Person - auch gut.
Mt. Ololokwe - von der ansässigen Bevölkerung wird er auch Ol Donyo Sabache genannt
Die A2 in Richtung Norden ist hier von Archers Post aus bis kurz vor Marsabit eine neu gebaute Teerstrasse. Restarbeiten auf den letzten der 223 km sind in vollem Gang.
Den Mt. Ololokwe (auch als Ol Donyo Sabache bekannt) hatte wir ja schon von Buffalo Springs in der Ferne sehen können. Nun näherten wir uns diesem imposanten Berg. Er liegt auf dem Gebiet der Namunyak Wildlife Conservancy. Sein Gipfel reicht bis 2.000 Meter ü.d.M. Er ist einer der vier heiligen Berge der Samburu - nach Mt. Ngiro und Mt Kulal der dritt wichtigste. Die Samburu suchen ihn auf, wenn sie sich mit speziellen Gebeten an ihren Gott Ngai wenden möchten. Am Ololokwe sammeln die Samburu besondere Pflanzen, die sie für traditionelle Zeremonien verwenden. Beschneidungen, Hochzeiten und Riten für Verstorbene sind einige davon. Der Berg ist einer der wichtigsten Nistplätze für die stark vom Aussterben bedrohten Sperbergeier (Ruppell's Griffon Vulture), die bedrohten Schmutzgeier (Egyptian Vulture), Kaffernadler (Verreauxs' Eagle) und Lannerfalken (Lanner Falcon). Ambitionierte Wanderer können mit lokalen Guides den Mt. Ololokwe auch besteigen und auf dem Plateau campen. Leider ist das nichts mehr für uns.
Einige Kilometer weiter war westlich der Straße die Silhouette der Mathews Range zu sehen. Es ist eine 150 km lange Gebirgskette, die von Norden nach Süden verläuft. 900 km² ursprünglicher Gebirgswald mit seiner großen Artenvielfalt lassen sich aus dieser Entfernung nur erahnen. Hinter Laisamis Town machten wir eine kurze Pause. Erneut hatte uns die Landschaft mit ihren Bergen, die wie Inseln aus der braunen Ebene hervor treten, überrascht.
Mt. Losai
Gegen Mittag waren wir in Marsabit. Die neue Straße machte es möglich - was für ein Vergnügen auf einer Transferstrecke. Die Tankstelle war unser erster Anlaufpunkt. Vincent brauchte etwas Nachschub für seine Küche. Marsabit scheint mit dem Bau der neuen Straße aus seinem etwas staubigen Dornröschenschlaf zu erwachen. Erste neue Häuser sind bereits gebaut.
Am Stadtrand von Marsabit ist das Main Gate zum National Park. Es wird nach dem wohl berühmtesten Elefanten von Kenya "Ahmed Gate" genannt. Direkt am Gate beginnt auch schon der Wald. Während Zarek die Formalitäten erledigte, hörten wir Elefanten, doch sehen konnten wir sie im dichten grünen Gewirr aus Blättern nicht. Für die nächste Stunde hatte der Land Cruiser ganz schön zu kämpfen. Es ging stetig bergauf und wir hatten ja den schweren Trailer im Schlepptau. Durch dichten Wald führte die Piste in einigen Schleifen zum Gipfel des Mt. Marsabit bis auf 1.700 Meter Höhe. Oben angekommen, bot sich uns ein fantastischer Blick über den "Gof Sokorte Gudha" - es ist der Krater mit dem Lake Paradise.
Blick von der Klippe des Gof Sokorte Gudha über den Lake Paradise
Woohoo! Wir waren alle sehr überrascht. Gab es doch in letzter Zeit einige Berichte, dass der Lake Paradise trocken gefallen sein soll. Jetzt lag er uns in all seiner Pracht zu Füßen. Für zwei Nächte hatten wir die Lake Paradise Special Campsite gebucht. Wir mussten sie nur noch finden.
Lake Paradise - die Zufahrt zum Kratersee ist zu erkennen - im Hintergrund sieht man die tiefer liegende Wüste
Die Haupt-Piste führt vom höchsten Punkt des Kraterrandes auf der südlichen Seite um den Kratersee herum. Ein Abzweig nach links brachte uns nach wenigen Metern direkt zum See. Doch wo war unsere Campsite? Andeutungsweise war eine Fahrspur zu erkennen. Steine lagen überall auf dem Weg. Wir erreichten eine kleine freie Stelle mit ein paar Bäumen. Zarek und Mike erkundeten zu Fuß das weitere Gelände. Sie kamen nach wenigen Minuten hellauf begeistert zurück, denn sie hatten einen herrlichen Platz genau unterhalb der Klippe mit dem View Point gefunden - unser Paradies von Wald und Wasser gesäumt.
Lake Paradise Special Campsite © Zarek Cocker
Vincent durfte sich stets zuerst den besten Platz auf der Campsite für seine Küche aussuchen. Dann wählte jeder den Ort für sein Haus. Während wir alle Zelte aufbauten bereitete Vincent unseren Lunch frisch zu. Nach einer längeren Mittagspause nahmen wir unsere Stühle und die Ferngläser und rückten noch ein Stück näher an den Lake Paradise heran. Was gab es da alles zu entdecken? Mike traute seinen Augen kaum. Auf der anderen Seite des Sees grasten drei Grevyzebras. Mike war an dem Census 2016 beteiligt und keiner vermutete, dass es am Mt. Marsabit noch Grevy's gibt. Die Nachricht musste er erst einmal weiter geben.
Auf den offenen Wasserflächen schwammen Afrikanische Ruderenten (Maccoa ducks), Gelbschnabelenten (Yellow-billed Duck), Afrikanische Zwergenten (African pygmy goose) und Zwergtaucher (Little Grebes). Flussuferläufer (Common Sandpipers) suchten nach Insekten und kleinen Krebsen. Die schnatternden Nilgänse (Egyptian Geese) zeigten uns ihren Standort akustisch an. Nah am Ufer gab es den Lieblingsplatz der Hammerköpfe (Hamerkop). Mindestens dreißig Vögel waren eng zusammen auf diesem Spot - ein ungewöhnliches Bild. Auch ein Heilige Ibis (Sacred Ibis) war auf Futtersuche.
Noch beeindruckender als die Wasservögel war die Vielzahl der Raubvögel, die immer und immer wieder über dem See kreisten. Identifizieren konnten wir Kampfadler (Martial Eagle), Raubadler (Tawny Eagle), Bergbussard (Mountain Buzzard) und Höhlenweihe (African Harrier-Hawk). Ein Pärchen Schreiseeadler (African Fish Eagle) flog abwechselnd von den umliegenden Bäumen hinunter zum See, um das Abendessen zu ergattern. Einige Weißrückengeier (African White-Backed Vulture) und viele Kappengeier (Hooded Vulture) drehten ihre Runden über unseren Köpfen. Von den Klippen unterhalb des View Points tauchte mehrfach ein Lannerfalke (Lanner Falcon) auf. Er beobachtete wohl das Geschehen am Seeufer. Wie aus dem Nichts schoss er plötzlich auf die Gruppe Hammerköpfe (Hamerkop) zu und versuchte einen von ihnen zu erwischen. Das Jagdglück war ihm jedoch nicht hold.
Birders Paradise. Wir alle haben es genossen. Für mich war es ein richtige Wohltat, mal ohne den Tunnelblick durch den Fotoapparat das gesamte Szenario zu erfassen.
Nun sind wir keine fanatischen Birder. Ich selbst freue mich natürlich, wenn wir Vögel entdecken und beobachten können. Ob gross oder klein, macht da keinen Unterschied. Die Artenvielfalt in Afrika beeindruckt mich immer wieder und ich lausche gern ihrem Gesang. Mein Mann ist da wesentlich besser. Er hatte all die Jahre gute Lehrer und kann bereits viele unserer gefiederten Freunde selbst identifizieren.
Plötzlich tauchten erste Büffel am Waldrand auf. Es war Zeit die Kamera zu holen. Es wurden immer mehr - wir schätzten, dass es eine Herde mit ca. 60 Tieren war. Doch mit dem Erscheinen der Büffeln legte sich ein dunkler Schatten über den See. Die Sonne schaffte es nicht mehr über den Berg.
Mit dem Verschwinden der Sonne wurde es schlagartig kalt. Es war Zeit fürs Campfire und einen Drink. In der Nacht haben wir zum ersten Mal auf dieser Tour die Schlafsäcke hoch verschlossen.
Den nächsten Morgen starteten wir sehr gemütlich. Nebelschwaden zogen über den Lake Paradise. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns auf den Weg, den Park ein wenig mehr zu erkunden. Neben der Haupt-Piste sind auf der Karte einige Tracks durch den Wald markiert. Einen ersten dieser Tracks gleich hinter dem Lake Paradise wollten wir ausprobieren, doch verschwand er nach wenigen Metern im Nichts. Dichtes Buschwerk zwang uns zurück zur Main Road. Kurz vor dem Krater Gof Bongole öffnete sich der Wald. Ein Stück Moorland, dann wurde es trockenes Buschland, bis wir am Rand des Kraters standen. Auch hier gab es eine Wasserfläche am Kraterboden. Rendille Hirten waren mit ihren Herden kommen. Es ist sicher weit und breit die beste Möglichkeit, die Tiere in der Trockenzeit zu tränken. Die Rendille von Karare nutzen auch das angrenzende Marsabit Forest Reserve als Weide für Ihr Vieh.
Der Krater Gof Bongole am Mt. Marsabit
Am schönsten Platz des Kraterrandes entsteht eine neue Lodge. Leider ist das Gelände komplett eingezäunt. Wie uns die Ranger später erzählten, wird sie wohl durch das Marsabit County errichtet. Eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung führte zu einer Verzögerung der Fertigstellung.
Auf dem Rückweg sahen wir erneut ab und an einen Buschbock oder Großen Kudu im dichten Wald. Auch älterer Elefantendung lag auf der Piste, doch Elefanten selbst haben wir leider keine zu Gesicht bekommen.
Wilder Olivenbaum - African Olive (Olea europea Africana)
Wir stoppten an einem der prächtigen alten wilden Olivenbäume (African Olive). Sie kommen recht häufig vor. Meist sind sie von Würgefeigen umschlungen.
Ein Olivenbaum wird von einer Würgefeige - Strangler Fig (Ficus thonningii) - erdrosselt
Schaut man sich das Ganze an einem frei stehenden Baum aus der Nähe an, denkt man zunächst an kleine Meisterwerke der Kunst - filigrane natürliche Skulpturen aus Holz. Doch sie erzählten uns auch eine Geschichte. Die Rinde des Olivenbaums ist hart und rau, darüber klammern sich die weichen Luftwurzeln der Würgefeige. Wir sehen einige ganz glatte Stellen. Elefanten besuchten den Baum über Jahre häufiger, um ihre Haut von altem Schlamm und Parasiten zu befreien. Fasst man darüber, kann man es kaum glauben, das diese seidenglatten Stellen die ehemals rauhe Rinde des Olivenbaums war.
Eine Gruppe von 10 bis 15 Frauen der Rendille nutzte einen kleinen Bachlauf, um relativ sauberes Trinkwasser zu sammeln. Sie hatten einen weiten Weg zurückgelegt. Wir schauten ihnen eine Weile beim Wasserschöpfen und dem Beladen ihrer Esel zu. Mike versuchte für uns eine Fotoerlaubnis von den Frauen zu bekommen. Doch der Preis, den sie verlangten, war einfach zu hoch. Sie wollten pro Kopf bezahlt werden. Alles Verhandeln über eine angemessene Pauschale wurde abgelehnt. So gibt es halt keine Fotos von dieser netten Begegnung - schade.
Auch auf dem Rückweg blieben wir lieber auf der Main Road. Es gab einige weitere Pisten, die als Tourist Tracks auf der Karte markiert sind. Sie sahen jedoch nicht sehr einladend aus.
Je nach der Beschaffenheit der Böden und der Höhenlage war die Vegetation unterschiedlich - mal dichtes Buschwerk zwischen den Bäumen, mal etwas mehr offen mit besserer Sicht in den Wald.
Als wir zum Lake Paradise zurückkamen, standen unsere drei Grevy's an der Zufahrt. Wir stoppten in weiter Entfernung für Fotos. Als wir langsam los fuhren, verschwanden sie im Wald. Wir haben sie nicht mehr gesehen. Sorry liebe Grevy's.
Grevyzebras am Lake Paradise
Zwischen den Bäumen unter der Klippe im Hintergrund befindet sich die Special Campsite
Den Nachmittag verbrachten wir relaxed im Camp und am See. Zarek streifte noch ein wenig durch den angrenzenden Wald. Es gibt ein endemisches grün-braunes Einhorn-Chamäleon - Mount Marsabit Chameleon (Trioceros marsabitensis). Finden konnte er es leider nicht. Es wäre auch zu schön gewesen. Die aktuelle Einstufung des Mount Marsabit Chameleon in der IUCN Red List als "potenziell gefährdet" ist dem Umstand zu verdanken, dass nun durch das 2014 angenommene "Northern Kenya Biodiversity Conservation Project" Marsabit National Park & Reserve einer strengen Überwachung unterliegen.
Zwei kleine Highlights gab es jedoch für Zarek. Er entdeckte eine ihm völlig unbekannte Frucht im Wald und im Schein der Taschenlampe einen kleinen Frosch. Beides konnte er auch mit Hilfe von Kollegen bis heute nicht identifizieren. Wir sind gespannt auf ein Ergebnis.
© Zarek Cocker
Kurz bevor es dunkel wurde, kamen drei Hyänen hinunter zum See. Es schien, als freuten sie sich den Klang ihrer Stimme im Echo des Kraters zu hören.
Den Abend verbrachten wir mit netten Gesprächen am wärmenden Campfire. Der Ruf eines Milchuhu (Verreaux’s Eagle Owl) hatte uns unterbrochen. Wir konnten ihn auf einem Baum im Camp sichten.
Am Morgen hiess es erneut packen. Der Weg zurück zum Gate war nicht so beschwerlich, denn meistens ging es bergab. An der Mt. Marsabit Lodge füllten wir all unsere Wasserkanister auf. Die Lodge ist etwas in die Jahre gekommen, liegt aber idyllisch am Sokorta Diko Krater. Auch hier war eine Wasserfläche am Kraterboden.
Marsabit town war für uns die letzte Einkaufsmöglichkeit für die nächsten acht Tage. Einen Nakumatt gab es nicht. Wir steuerten mehrere kleine Geschäfte an, um alles fehlende aufzufüllen. Außerdem brauchte die Anhängerkupplung unseres Trailers eine kleine Notreparatur. Die Wechselkupplung am Trailer bereitete Zarek ein wenig Sorge. Sie machte den Anschein, dass wir den Trailer so nicht heil nach Maralal bringen werden. Etwas suchen und herumfragen, dann war eine einheimische Werkstatt gefunden. Während die Jungs ein Eisen um Deichsel und Kupplung schweißten, schauten wir dem geschäftigen Treiben in der überwiegend muslimisch geprägten Provinzstadt zu. Mike nutze die Zeit für einen Besuch beim lokalen Barber Shop.
Unser kleines Fazit: Jeder Reisende auf der Route gen Norden über Marsabit sollte hier im Marsabit National Park einen Stop einplanen. Selten besucht, Ruhe pur, ursprünglicher Bergwald - absolut sehenswert.
Für Wüstenfreunde ist die Chalbi Desert im Norden von Kenya ein Juwel. Es ist einer der heißesten und trockensten Orte im Land. In der Sprache der Gabbra bedeutet Chalbi "leer und salzig". Die Chalbi Desert erstreckt sich nördlich der Halbwüste Koroli bis östlich an den Lake Turkana. Sie ist eine Salz-Ton-Wüste mit sehr hohem Salzgehalt und sehr geringem Anteil an organischer Substanz. Ihre Entstehung ist auf tektonische und vulkanische Aktivitäten zurückzuführen. Vor tausenden von Jahren gab es hier den Chalbi See. Der Wechsel von Feucht- und Trockenperioden führte auch in der Vergangenheit zu Schwankungen den See betreffend. Von untersuchtem organisches Material weiss man, dass die Chalbi seit mindestens 600 Jahren völlig trocken gefallen ist. Der jährliche Niederschlag beträgt maximal 150 mm. Die Vegetationsperiode ist extrem kurz. Auf der Salzkruste können nur wenige salztolerante Kräuter und Gräser gedeihen. Die Randbereiche der Wüste werden innerhalb der Regenzeit von den Gabbra mit ihren Herden durchstreift. Dort liegen auch einige ergiebige Wasserstellen.
Für uns war die Chalbi Desert noch vor einem Jahr ein völlig unbekannter Flecken Land. Zarek hingegen war vor etwa einem Jahr mit zwei jungen Engländern als Backup Fahrzeug auf einer Expeditionstour der besonderen Art in der Chalbi. Seine Begeisterung für die Schönheit dieses ariden Flecken Erde ist ansteckend.
Blick Richtung Norden, der kleine helle Streifen am Horizont ist die Chalbi Desert
Wenn auch etwas später als geplant, konnten wir um 10:30 Uhr Marsabit verlassen. Zunächst ging es etwa zehn Kilometer zurück in Richtung Archers Post. Danach verabschiedeten wir uns endgültig für die nächsten Tage von der Zivilisation. Zarek hatte inzwischen das Navi mit T4A in Betrieb genommen. Wir wählten eine Piste rechts weg in Richtung Norden. Sie führt auf den ersten Kilometern durch das Marsabit National Reserve.
Krater "Gof Dakara" im Marsabit National Reserve
Die ganze Region ist gespickt mit kleineren und größeren Kratern. Der "Gof Dakara" liegt direkt neben der Piste. Der Kraterboden ist feuchter als das Umland. Nicht verwunderlich, dass die Hirten mit ihren Schafen und Ziegen im Krater zu sehen waren.
Piste am Rand des Gof Dakara mit Blick Richtung Norden
Eigentlich hätte man alle paar Hundert Meter einen Fotostopp einlegen müssen. Das ausgedörrte Land hat so viele Gesichter - schroff, aber traumhaft schön.
War es im Buffalo Springs warm und trocken, nun wurde es heiß und richtig staubig. Der Wind drehte sich ständig, kam aus unterschiedlichen Richtungen. Ab und an überholte uns unsere eigene Staubwolke vom Fahrzeug. So schnell kann man Autoscheiben nicht schließen. Stunde um Stunde passten wir uns ein wenig mehr den Farben der Umgebung an.
Dust Devil
Wir hatten schon eine Weile Ausschau nach einem geeigneten Platz für unseren Lunch Break gehalten. So kam uns der spärliche Schatten einiger wenigen Palmen, die an einer unterirdischen Quelle standen, gerade recht.
Zarek hatte uns unterwegs Details von seiner Expeditionstour mit den beiden Engländern berichtet und die Etappenziele der einzelnen Tage gezeigt. Für uns ist es unvorstellbar, wie man bei diesen extremen Bedingungen heutzutage zu Fuss in sechs Tagen freiwillig eine solche Strecke zurücklegt, für die wir einen guten Tag mit dem Auto brauchten.
Im Herzen der Chalbi stoppten wir erneut. Wir hatten eine kleine Düne erklommen. Das musste einfach sein. Als Belohnung gab es einen fantastischen 360° Rundumblick über diese beeindruckende Wüstenlandschaft.
Rückkehr zu unserem Auto - im Hintergrund: Wände aus vulkanischem Felsgestein umschließen die Salzpfanne
Etwas verschwitzt kehrten wir zu unserem Auto zurück. Die Sonne brannte erbarmungslos - ein großer Schluck Wasser, dann ging es weiter auf staubiger Piste vorbei an Maikona bis Kalacha.
Unser nächster Stopp war im Schatten einer der Akazien am Kalacha Dida Wasserloch. Es ist der Treffpunkt der Gabbra, um ihr Vieh zu tränken. Die Gabbra leben als Nomaden von und mit ihrem Vieh. Kamele sind ihr ganzer Stolz. Ihr traditioneller Glaube ist untrennbar mit ihren Herden verknüpft. Die Tiere sind für sie mehr als Nahrung. Sie sind Bestandteil ihrer spirituellen Welt.
Es ist ein toller Anblick, wenn hundert Kamele in langer Reihe mit ihren Hirten zum Wasser ziehen. Zarek hatte uns die Situation zuvor erklärt. Fotografieren kann zu riesigem Ärger führen. Natürlich hatten wir das zu respektieren. Die Kamera blieb schweren Herzens im Auto.
Nach Kalacha ändert sich die Bodenbeschaffenheit extrem von Sand, Salz und Asche zu geometrisch getrocknetem Ton, der sehr rau zu befahren war.
Etwa 25 Kilometer vor North Horr war es an der Zeit, die Tagesetappe zu beenden. Die Sonne neigte sich langsam Richtung Horizont. Im Schatten von einem Busch bauten wir die Zelte auf. Vincent kämpfte mit dem Wind in seiner Küche, uns machte er die noch immer hohen Temperaturen erträglich.
Sonnenuntergang 18:30 Uhr Ortszeit irgendwo im Nirgendwo der Chalbi Desert
Nach einer erholsamen Nacht mit angenehm warmen Temperaturen, hätten wir beim Frühstücken fast den Sonnenaufgang verpasst. Um 06:30 Uhr Ortszeit strahlte die Sonne über das ausgedörrte Land und tauchte es in goldenes Licht. Es war kein Wölkchen mehr am Himmel zu sehen. Wir mussten Packen und zurück auf staubige Pisten - am Abend wollten wir im Sibiloi National Park am Lake Turkana sein.
Kurz vor North Horr war zu unserer Überraschung ein Goldschakal in unserer Fahrspur. Er war wohl auf der Suche nach etwas fressbarem. Am Horizont zog ein Hirte mit seinen Kamelen vorbei.
Goldschakal - Golden Jackal (Canis aureus)
Gabbra Hirte mit seinen Kamelen auf dem Weg zur Weide
North Horr ist eine staubige kleine Wüstenstadt und auch das Zentrum für die lokale Bevölkerung der Region. Für uns gab es keinen Grund zum Verweilen. Unser weiterer Weg führte nun in nordwestliche Richtung über Hurran Hurra zunächst bis Gajos.
Zeit für eine Zigarettenpause. Ab und an mussten die Beine und der Rücken einfach in eine andere Position gebracht werden.
Je weiter wir nach Norden kamen, desto unwirklicher wurde das Land. Vincent, unser Koch, und Mike, unser Ranger, fragten sich "Was essen die Leute hier - Steine". Aber die Menschen waren da mit ihren Tieren. Niemand schien sich an dem Mangel von Vegetation und fehlendem Schutz vor der glühend heißen Sonne zu stören.
Immer wieder wechselte das Landschaftsbild und vor allem die Bodenbeschaffenheit - mal steinig, mal sandig oder auch wie mit einer feinen zermahlenen Tonschicht überzogen.
Eine Viertelstunde später, wir waren kaum den kleinen Hügel hinauf gefahren, da war der nächste Fotostopp fällig. Ein mit Bäumen gesäumtes Tal lag vor uns.
Ein Familien-Clan der Gabbra hatte sich in dem Tal niedergelassen. Die Gabbra bauen einfache Rundhäuser. Das Grundgerüst besteht aus gebogenen Hölzern, die mit Fellen und Grasmatten abgedeckt werden. Müssen sie den Ort verlassen, um neue Weidegründe für ihre Tiere zu finden, wird das ganze Haus abgebaut und auf den Rücken der Kamele verladen. Das ist bei den Gabbra Frauensache, während sich die Männer um das Wohlergehen der Tiere kümmern.
Willkommen auf dem Mond - viel anders kann es da wohl auch nicht aussehen. Auf den weiten Flächen stand kein einziger Grashalm mehr. Doch in den Senken, wo nach spärlichem Regen das Wasser etwas länger steht, gab es grüne Sträucher. Es grenzt an ein Wunder der Natur, dass sie die lange Trockenperiode überleben können.
Kilometer um Kilometer ausgedörrtes Land folgten. Doch das Spiel der Farben zog uns in seinen Bann. Das Rot und das Schwarz der vulkanischen Felsen, die pastellfarbene Piste, die grell leuchtende Sonne, das Blau des Himmels, die schwarzen Kleider der Gabbra Frauen - so leidenschaftlich beschrieb es Zarek. Die Hitze strahlte uns aus dem Boden genauso heiss entgegen, wie sie vom Himmel kam.
Hinter der kleinen Ansiedlung Gajos fuhren wir westwärts. Ohne T4A mit der netten Stimme aus dem All hätten wir teilweise Schwierigkeiten gehabt, unseren Weg zu finden - kein Wegweiser zeigt an, wo man ist.
Wir durchquerten einige Trockenflüsse voll kleiner grauer Kieselsteine, soweit das Auge reichte. Über hunderte von Jahren wurden sie wohl durch die wenigen Regengüsse angespült. Wie schön muss es hier aussehen, wenn das Wasser von den umliegenden Hügeln abfliesst und die Wüste blüht? Wir selbst werden es wohl nie erfahren, Zarek hoffentlich schon.
Trockenfluss
Die Landschaft änderte sich erneut. Erste Bergformationen tauchten am Horizont auf. Überall lagen kleinere und größere Brocken von Lavagestein herum. Das sollte jedoch nur ein Anfang sein, denn Steine hat es um den Lake Turkana herum wirklich reichlich.
Wir erreichten die Hauptroute von Loiyangalani nach Sibiloi und siehe da, ein hübsches Schild zeigte uns die weitere Richtung an. Auch auf den letzten Kilometern bis zum Gate des Sibiloi National Park mussten wir noch einmal anhalten. Die Landschaft ist so faszinierend mit ihrer ursprünglichen Wildheit und dem Farbenspiel der Natur.
Unser kleines Fazit: Wer mit Hitze, Staub und ohne Luxus beim Campen gut umgehen kann, hat in der Chalbi Desert die Möglichkeit, Natur wie zu Urzeiten zu erleben.
Reisen Sie mit uns weiter durch den Norden Kenyas
und begleiten Sie uns auch in den Mara Triangle. Es lohnt sich.